„Mehrere Hunde zu führen heißt nicht nur, doppelt zu lieben – sondern doppelt hinzusehen, doppelt zu verstehen und manchmal auch doppelt die Last zu tragen.“
– Nancy Wendler
Mehrhunderhaltung – Zwischen Freude, Konflikten und Verantwortung
Zwei Hunde? Für viele klingt das nach doppeltem Glück. Nach Spielkameraden, die sich auslasten, gemeinsam durch Wald und Wiesen toben, sich Nähe und Geborgenheit schenken. Und ja – genau das kann es sein. Es kann wunderschön sein. Es kann dir das Herz aufgehen lassen, wenn du sie nebeneinander schlafen siehst oder beim Spiel ihre tiefe Verbundenheit spürst.
Aber – und das sage ich ganz bewusst: Mehrhunderhaltung ist nicht nur doppelte Freude. Es ist auch doppelte Verantwortung. Doppelte Konflikte. Und manchmal die doppelte Portion Stress.
Denn nicht jeder Hund freut sich über einen zweiten Hund im Zuhause. Gerade wenn der Ersthund bereits älter ist oder sehr menschenbezogen – dann kann ein neuer Hund als Störung empfunden werden. Als Konkurrenz. Und das zeigt sich nicht selten in Konflikten – im kleinen wie im großen Rahmen.
Auch draußen im Alltag wird vieles komplizierter. Zwei Hunde – besonders zwei Rüden – wirken auf fremde Hunde oft bedrohlicher. Begegnungen, die früher vielleicht noch entspannt waren, können plötzlich kippen. Es ist einfach alles ein bisschen anstrengender, ein bisschen aufgeladener. Und der Druck, die Kontrolle zu behalten, steigt. Vor allem für uns Menschen.
Ich spreche da aus Erfahrung. Bei uns war es nicht immer friedlich. Es gab Zeiten, in denen Frodo heftig gegen Bolle ging – für mich erschütternd. Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, was dahintersteckte. Die Ressource war nicht das Futter. Es war – ich. Ich war der Auslöser. Und es war mein Job, das zu erkennen und zu verändern.
Management war mein Schlüssel. Beobachtung, Struktur, Führung. Ich habe analysiert, welche Verhaltensweisen von Bolle Frodo triggern. Ich habe Bolle geholfen, diese Reize zu verändern. Und gleichzeitig Frodo entlastet – ihm die Verantwortung genommen, zu „regeln“, was nicht seine Aufgabe ist.
Mehrhunderhaltung bedeutet: Ich übernehme Verantwortung für das soziale Gefüge in meiner Gruppe. Ich bin nicht nur Spielpartner, ich bin auch Schiedsrichter, Vorbild und Sicherheitsanker.
Und dennoch – wenn sich das eingespielt hat, wenn Vertrauen gewachsen ist – dann ist da etwas ganz Großes. Denn zu Hause sind sie nie allein. Sie schlafen miteinander, spielen miteinander, sie wissen, dass da jemand ist, der dazugehört. Sie können sich gegenseitig auslasten, ganz ohne unser Zutun. Und diese innere Sicherheit – die ist unbezahlbar.
Ich kenne viele, die gesagt haben: „Das war zu viel, ich musste einen Hund wieder abgeben.“ Und ich kenne ebenso viele, die heute sagen: „Es war hart, aber es hat sich so gelohnt.“
Mein Appell an dich: Lass dir nichts einreden. Weder, dass es leicht wird – noch, dass es unmöglich ist. Mach dein eigenes Bild. Und wenn du merkst, dass es schwer wird, gib nicht gleich auf. Schau genau hin. Such die Ursache. Und gib jedem Hund die Chance, gesehen zu werden – als eigenes Wesen. Mit seinen Triggern, seinen Bedürfnissen – und seinem Platz in deiner Gruppe.
„Am Ende geht es nicht um Harmonie auf Knopfdruck – sondern um Beziehungen, die durch Krisen gewachsen sind.“